Die Baubranche – Beispiele erfolgreicher Digitalisierung in deutschen KMU

Die Baubranche – Beispiele erfolgreicher Digitalisierung in deutschen KMU Markus Fordemann
Markus Fordemann

Die Baubranche – Beispiele erfolgreicher Digitalisierung in deutschen KMU

In dieser Artikelserie befassen wir uns mit der Integration digitaler Prozesse in bestimmten Branchen, beleuchten die individuellen Herausforderungen und stellen Beispiele erfolgreicher Umsetzungen vor.

Dieser Teil geht auf die Baubranche ein und stellt einen ausgewählten Anbieter und mehrere seiner gemeisterten Projekte vor. Die Folgeteile der Serie werden in ihren Eigenheiten absolut abweichende Branchen vorstellen, so dass wir hier ein umfassendes Bild der aktuell aktiven Digitalisierungsmaßnahmen in deutschen KMU zeichnen können.

Die Baubranche: eine komplexe und materielle Welt will digital werden

Dass es auf Großbaustellen komplex zugeht, lässt sich wohl für jeden Laien schon von Weitem erahnen. Kräne, Tiefbaugruben, unzählige Mitarbeiter und Maschinen mit den unterschiedlichsten Funktionen lassen sich beobachten und mitten darin befinden sich Personen, die über all dies den Überblick behalten sollen.

Eine schier unüberschaubare Menge an Abläufen, Materialien, Arbeitern und Dokumenten summiert sich hier zu einem Konstrukt, das bis in das letzte Detail gesteuert und kontrolliert werden will. Der kleinste Fehler kann hier enorme Auswirkungen auf die gesamte Baustelle haben. Der Projekterfolg, die Gesundheit der anwesenden Menschen und die finanzielle Kalkulation hängen unmittelbar von einem reibungslosem Ablauf der baustelleninternen Prozesse ab.

Parallele Einzelsysteme haben bald ausgedient

Um den Informationsfluss in einem solchen Szenario optimal zu gestalten, bedarf es entsprechender Werkzeuge. Natürlich werden schon lange E-Mails, Smartphones und separate Automatisierungssysteme genutzt, um nicht komplett auf ressourcen- und zeitintensive Herangehensweisen aus der Vergangenheit zurückgreifen zu müssen. Die durchgehende Digitalisierung der Kommunikations- und Datenverarbeitungsprozesse stellt in der Baubranche eine besondere Herausforderung dar.

Und genau dieser Aufgabe haben sich bereits einige Entwickler und Firmen aus aller Welt gestellt. Die Sparte „Digitalisierung der Baubranche“ eröffnet Softwarefirmen eine neue Kundengruppe. Die Baubranche mit ihrem 14-Billionen-Euro-Auftragsvolumen weltweit betrifft jeden zehnten Arbeitsplatz, der mittelbar oder unmittelbar von ihr abhängt.

Die Kunst der Umsetzung liegt in der Spezialisierung

Auch in Deutschland etablieren sich aktuell einige Anbieter. In diesem Marktsegment positioniert sich das Unternehmen Capmo aus München mit seiner Capmo App als Anbieter einer intuitiv bedienbaren Software für alle Beteiligten der Baubranche, ob nun auf der Baustelle selbst oder im Büro.

Wir haben der Firma, die unter anderem Jobtitel wie „Digitalisierungsberater Bau“ zu verwenden pflegt, einige Fragen gestellt:

Dr.-Ing. Patrick Christ, CRO und Co-Founder von Capmo

Welche Funktionen und welchen übergeordneten Sinn bietet Ihre Software?

Das Ziel von Capmo: den Bau gehörig aufräumen – und zwar digital. Mit der gleichnamigen Bausteuerungssoftware sollen unnötiger Papierkram sowie planungs- und kommunikationsbedingte Fehler von den Baustellen verschwinden. Erreicht wird dies durch eine papierlose, beweissichere Dokumentation, klare und reibungslose Kommunikation und einen stets konsistenten, weil aktuellen Planungsstand für alle Projektbeteiligten. Und natürlich durch eine leicht zu erlernende, intuitive Bedienung.

Die meisten etablierten Softwarefirmen im Bauwesen bieten hochkomplexe Detaillösungen, die ein hohes Maß an digitaler Kompetenz und zugleich umfangreiche Schulungen in der jeweiligen Software erfordern. In Anbetracht der oftmals enormen Komplexität von Bauvorhaben haben diese Lösungen zweifellos ihre Berechtigung. Woran es jedoch mangelt und was sich viele Unternehmen in der Baubranche wünschen, ist ein schneller, unkomplizierter Einstieg in das digitale Arbeiten mit möglichst unmittelbarem Effizienzgewinn.

Tatsächlich bringt Capmo digitalen Nutzen so schnell auf die Baustelle wie nie zuvor: Zunächst werden die aktuellen Pläne in das Programm hochgeladen, das sich für alle gängigen Betriebssysteme und Endgeräte eignet. Die übrigen Projektbeteiligten treten anschließend auf Einladung dem Capmo-Projekt bei. Via Cloud werden sämtliche Daten aktuell gehalten, sodass alle Beteiligten stets auf dem neuesten Stand sind. Bei fehlender Internetverbindung lässt sich auch offline weiterarbeiten.

Auffälligkeiten wie Baumängel können einfach per Tablet- oder Handykamera dokumentiert und samt Zeitstempel der jeweiligen Stelle im Plan zugeordnet werden. Mittels Sprache-zu-Text-Funktion oder einfacher Texteingabe lassen sich zudem Bemerkungen bestimmten Planpositionen zuordnen. Aufgaben werden als Tickets direkt den zuständigen Personen zugeteilt, die diese wiederum nach Erledigung als „freigemeldet“ markieren. Bautagebuch oder Mängellisten lassen sich einfach und mobil auf der Baustelle führen. Beweissichere Berichte können im Büro mit einem einzigen Click erstellt und datenschutzkonform an externe Partner versandt werden. Insgesamt vereint Capmo so die komplette Bausteuerung und -dokumentation in einer einzigen, leicht bedienbaren Anwendung.

Können Sie uns ein oder mehrere Beispiele nennen, bei denen Sie die erfolgreiche Digitalisierung für Ihre Kunden umgesetzt haben?

Gerne. Lassen sie uns kurz erläutern, inwiefern wir eine papierlose Baustelle realisieren können und danach nennen wir konkrete Beispiele.

Mithilfe unserer Software werden sämtliche Baupläne des Projektes digital erfasst und sind anschließend auf allen angemeldeten Geräten aller Beteiligten verfügbar – auch im Offline-Modus. Die Aufgaben können über Capmo entsprechend verteilt, Fotos von der Baustelle direkt in der App gespeichert und automatisch im Bauplan verortet werden. Capmo fördert nicht nur die Zusammenarbeit, sondern erleichtert den Überblick über den Projektstatus und die Mängeldokumentation. Das schafft Transparenz für den Bauherren und steigert die Effizienz des Projekts. Weniger Aufwand und kurze Wege: Mit Capmo wird es allen Baupartnern ermöglicht, schneller und einfacher mit den Kollegen vor Ort über wichtige Belange auf der Baustelle zu kommunizieren.

Am Beispiel Max Bögl können wir die Stärken unserer Software gut verdeutlichen: Bei maxmodul, dem seriellen und modularen Wohnungsbausystem der Max Bögl Modul AG, wird die Software Capmo von Bauleitern, Qualitätsmanagern und Produktionsverantwortlichen in einem ersten gemeinsamen Projekt erprobt, um die Baustellenkommunikation und Qualitätsdokumentation zu verbessern. Durch direkte und vorgangsbasierte Kommunikation zwischen Bau- und Produktionsleitern sollen die Abläufe sowohl auf der Baustelle als auch in der Fertigung kontinuierlich effizienter gestaltet werden. Die Mitarbeiter vor Ort auf der Baustelle freuen sich über das neue Werkzeug und damit über die Vorteile der Digitalisierung für ihren Arbeitsalltag. Mit Hilfe von Capmo können die Kollegen schneller und einfacher über komplexe Probleme auf der Baustelle kommunizieren. Die Verortung von digitalen Vorgängen im Bauplan erhöht die Geschwindigkeit, mit der offene Aufgaben gelöst werden können. Besonders beim Modulbau kommt es auf Geschwindigkeit und schnelles Handeln an, um die Qualität konstant zu verbessern.

Ein weiterer Kunde ist die RS Wohnbau. Der Einsatz von Capmo sorgt für ein effizientes Zeit- und Kostenmanagement. Im Vergleich zu vorangegangenen Projekten, konnte die Planung der Bauprozesse und der Bauablauf mit der Baustellen App nachhaltig verbessert werden. Die leicht zu bedienende Software ermöglicht insbesondere eine vereinfachte Aufgabenverwaltung, denn Gewerke und andere Projektbeteiligte können kostenlos in die App eingeladen werden, um ihnen Aufgaben und Tickets zuzuweisen. Entsprechende Daten können jederzeit, sogar offline abgerufen und gesteuert werden. Für die Bauleitung von RS Wohnbau brachte Capmo ein besseres Zeitmanagement, eine vereinfachte Kommunikation und eine nachvollziehbare Baudokumentation mit sich.

Gibt es messwerte Zahlen zur Auswirkung der Digitalisierung bei Ihren Kunden, die wir als Beispiel nennen können?

Wenn ein Bauleiter auf der Baustelle täglich weit über zehn Stunden arbeitet, was realistisch ist, verbringt er gut 25 Prozent seiner Zeit, also über zweieinhalb Stunden mit der Dokumentation. Diesem Zeitfresser rücken wir zu leibe. Mit der Capmo-Software reduzieren wir den Dokumentationsaufwand um 70 Prozent. Das heißt: Statt zweieinhalb Stunden benötigt er dafür mit Capmo lediglich 45 Minuten.

Gibt oder gab es Hürden durch die Gesetzgebung oder durch den Standort Deutschland?

Besondere Hürden in dem Sinne, dass uns und unserer App Steine in den Weg gelegt wurden, gab es nicht. Wie jeder Anbieter von Software müssen wir ein großes Augenmerk auf die aktuell gültigen Vorgaben in Sachen Datenschutz (DSGVO) legen und in unserer App umsetzen. Immerhin hantieren unsere Kunden mit sensiblen Daten, für die wir eine sichere und vor allem verlustfreie Speicherung in der Cloud und eine datenschutzkonforme Übertragung auf alle Endgeräte garantieren.

Ein weiterer wichtiger Eckpunkt unserer Software ist die rechtssichere Mängelverfolgung. Hier galt es natürlich im Vorfeld genau abzuklären, welche Punkte wie dokumentiert werden müssen, damit die Mängeldokumentation bei einem Streitfall auch Bestand hat.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für die Beantwortung unserer Fragen genommen haben.

Zusammenfassend lässt sich am Beispiel Capmo festhalten, dass sich auch in komplexen Welten wie der Baubranche eine zeitgemäße Digitalisierung meistern lässt. Hierbei ist es für den Erfolg ausschlaggebend, dass die Partner für ebendiese Maßnahme nicht nur technischen Sachverstand mitbringen, sondern auch die zu bedienende Branche verstehen.

Die oft vorhandene Hemmschwelle, das Thema im eigenen Unternehmen anzugehen, wird durch maßgeschneiderte Angebote und Dienstleister immer weiter an Stärke verlieren. So können auch Betriebe aus uralten Branchen weiter weltweit dem Wettbewerb standhalten. In den beiden kommenden Teilen dieser Serie werden wir uns mit der Kunstbranche und dem Weinbau befassen.